Das Projekt Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW – ein Rückblick (2017-2021)

Nach mehr als drei Jahren Laufzeit läuft das Projekt „Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW“ Ende März 2021 aus. In diesem Projekt haben sich als Kooperationspartner der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV), der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV), die Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU), die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald NRW (SDW) und der Naturschutzbund NRW (NABU) zusammengeschlossen, um den Erhalt bzw. die Neuanlage sowie die Pflege von Streuobstwiesen voranzubringen. Gefördert wird das Projekt durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.

Während der Projektlaufzeit ist in Sachen Streuobstwiesenschutz einiges erreicht und Vieles angestoßen und vorangebracht worden.

Dabei ist vor allem der Aufbau des Netzwerks von großer Bedeutung: hier treffen Fachkundige auf interessierte Laien – vertreten sind dabei Privatpersonen, Vereine und Initiativen, Verbände und Behörden. Sie kommen aus verschiedenen Bereichen und Berufsfeldern, aber alle eint das Interesse an Streuobstwiesen und das Bestreben, diese zu erhalten.

Im Umfang von etwa einer Vollzeitstelle haben sich die Projektmitarbeiterinnen für den Schutz der Streuobstwiesen eingesetzt und in den einzelnen Projektbausteinen Folgendes umgesetzt:

Auszeichnung von vorbildlichen Streuobstbeständen

Mit der Auszeichnung von vorbildlichen Streuobstbeständen wird zum einen das Engagement der Streuobstwiesenbewirtschafter*innen gewürdigt, die oft keine Kosten und Mühen scheuen, ihren Streuobstbestand zu erhalten und/oder zu erweitern. Sie sind damit auch Vorbild und regen zum Nachahmen an. Zum anderen rückt durch die Verleihung von Urkunde und Plakette, oft begleitet von der Presse, das Thema „Streuobst“ wieder stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Das ist für die Erhaltung von Streuobstwiesen bedeutend: Denn wer um die Wichtigkeit von Streuobstbeständen weiß, wird ihnen leichter Wertschätzung entgegenbringen können und ist im besten Falle motiviert, sich für ihre Erhaltung einzusetzen. Im gesamten Projektzeitraum wurden in Nordrhein-Westfalen rund 30 vorbildliche Streuobstbestände ausgezeichnet, die hier vorgestellt werden.

Öffentlichkeitsarbeit

Ein weiterer wichtiger Projektbaustein ist die Öffentlichkeitsarbeit, um auf die Arbeit des Netzwerks aufmerksam zu machen und das Thema Streuobstwiesen verstärkt in den Fokus zu rücken. So wurde in den verschiedenen Medien, von Tagespresse und Zeitschriften über das Internet bis hin zum Fernsehen, darüber berichtet. Die Auszeichnung vorbildlicher Streuobstbestände und die Berichterstattung in den Medien ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit des Netzwerks. Darüber hinaus wurde ein Flyer erstellt, der den Lebensraum Streuobstwiese vorstellt und sich vor allem an interessierte Laien richtet. Er bietet sich zum Beispiel sehr gut an, auf Streuobstfesten verteilt oder in Naturschutzstationen etc. ausgelegt zu werden. Er kann kostenfrei über das Netzwerk bestellt werden oder hier heruntergeladen werden.

Anlaufstelle für Austausch und Vernetzung

Wie lege ich eine Streuobstwiese an? Welche Förderprogramme gibt es? Und wo finde ich jemanden in meiner Nähe, der fachgerecht Obstbäume schneiden kann? Viele Fragen rund um Streuobst haben uns erreicht, die wir gerne beantwortet und bei Bedarf auch auf Fachleute verwiesen haben: der Austausch und die Arbeit als Netzwerk sind auch in diesem Punkt nur von Vorteil. Gerade für „Streuobst-Anfänger“ sind die Tipps aus der Praxis und das Fachwissen von erfahrenen Akteur*innen aus dem Netzwerk sehr viel Wert. Aber auch für Streuobstinitiativen und Gruppen, die sich in diesem Bereich engagieren, war die Netzwerkstelle da. Vor allem war dies für solche wichtig, die nicht auf lokale oder regionale Streuobst-Netzwerke zurückgreifen können, die es in manchen Regionen Nordrhein-Westfalens bereits gibt. Der Austausch untereinander ist für alle Streuobst-Interessierte bereichernd. Während der Projektlaufzeit fanden daher zwei große Fachtagungen und mehrere Austauschtreffen statt. Die letzten Veranstaltungen wurden wegen der Corona-Pandemie als Online-Seminare durchgeführt. Themen waren unter anderem die Herstellung und Vermarktung von Streuobstprodukten, die Nutzung des Grünlandes unter den Bäumen und Fördermöglichkeiten.

Finanzielle Förderung von hochstämmigen Obstbäumen

Im gesamten Projektzeitraum konnten zwei Mal Fördermittel der Deutschen Postcode Lotterie über das „Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW“ vergeben werden. Diese Mittel dienten zur Förderung von hochstämmigen Obstbäumen in Nordrhein-Westfalen und eigneten sich in erster Linie für Nachpflanzungen. Mit 100 € je gefördertem Hochstamm konnten die Anschaffung und Pflege der Obstbäume in den ersten Jahren ganz unbürokratisch finanziell unterstützt werden.

Broschüre „Streuobstwiesen in Nordrhein-Westfalen“ – Mitarbeit bei der Aktualisierung

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW hatte vor mehr als einem Jahrzehnt die Broschüre „Streuobstwiesen in Nordrhein-Westfalen” herausgebracht, die auf großen Zuspruch stieß und schon seit längerer Zeit vergriffen war. Eine aktualisierte Neuauflage steht in Kürze an und das Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW hat das Ministerium bei der Überarbeitung des Textes unterstützt.

Fazit: Durch das Projekt „Netzwerk Streuobstwiesenschutz. NRW“ wurde ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Streuobstwiesen geleistet. Doch trotz aller Bemühungen sind Streuobstbestände nach wie vor gefährdet. Oft ist mangelnde Pflege ein Grund dafür: Als Kulturpflanzen sind Obstbäume auf regelmäßige Schnittmaßnahmen angewiesen, damit sie eine stabile Krone aufbauen, gutes Obst liefern und ein hohes Lebensalter erreichen können. Denn nur gepflegte Streuobstbestände können den ökologisch wertvollen Lebensraum bieten.

Ein anderer Hauptgrund für den Rückgang von Streuobstbeständen sind Bauvorhaben, für die sie weichen müssen. Es gibt also nach wie vor viel zu tun, um das wertvolle Kulturgut „Streuobstwiese“ zu erhalten.

Daher soll das erfolgreiche Projekt „Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW“ ab Frühjahr 2021 für drei Jahre fortgeführt werden, ein Antrag wurde bereits gestellt. Neben der Fortführung der bewährten Projektbausteine ist zusätzlich die langfristige Etablierung einer qualifizierten Obstbaumwartausbildung vorgesehen. Ihr Start ist für Herbst 2022 mit einer Laufzeit von 1,5 Jahren geplant. Da es in Nordrhein-Westfalen bislang nur wenige so umfangreiche Ausbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich gibt, wird die in Zusammenarbeit von NABU NRW, Landwirtschaftskammer NRW sowie Natur- und Umweltschutzakademie (NUA) NRW ins Leben gerufene Obstbaumwartausbildung einen wichtigen Beitrag dazu leisten, diese Lücke zu schließen.


Rückblick auf das Jahr 2017

Seit Beginn des Projektes im August 2017 wurden im Rahmen der Öffentlicheitsarbeit bereits einige Aktionen und Veranstaltungen wie z.B. symbolische Baumpflanzungen und Obstschnittkurse durchgeführt.


1. Symbolische Baumpflanzung in Werdohl

17. Oktober 2017 - Nicht gerade ergiebig fiel die diesjährige Apfelernte aus. Dennoch hatte die mittlerweile 22. Auflage des Sauerländer Apfelfestes für alle großen und kleinen Besucher viel zu bieten. Landwirt Christian Crone und dessen Familie sind wieder Hauptorganisator der beliebten Großveranstaltung in Werdohl-Dösseln.

Mit dem Startschuss zum diesjährigen Apfelfest erfolgte zeitgleich der Start für das landesweite Projekt Netzwerk „Streuobstwiesenschutz.NRW“. Daran beteiligt sind die Naturschutzverbände NABU, die Landesgemeinschaft Natur- und Umweltschutz sowie die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und nicht zu vergessen die Landwirtschaftsverbände des Rheinlandes und Westfalens. Gemeinsam will man sich für den Schutz, Erhalt, Pflege und Neuanlage von Streuobstwiesen einsetzen.

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) führte zunächst eine digitale Luft- und Satellitenauswertung zu den Streuobstwiesenflächen durch. Über eine neu entwickelte App des LANUV können die erfassten Daten gleich per Smartphone für die Planung von Pflegemaßnahmen oder Neupflanzungen genutzt werden. Die Verifizierung der Flächen erfolgt nun durch die Unteren Naturschutzbehörden mit Unterstützung der Biologischen Stationen und der Kooperationspartner des Projektes Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW.

Neben zahlreichen Besucheraktionen und mehreren Obstbaumschnittvorführungen auf den Obstwiesen vom Hof Crone wurde zum historischen Auftakt des Projektes „Netzwerk Streuobstwiesenschutz.NRW“ ein Obstbaum der Sorte „Westfälischer Frühapfel“ gepflanzt. Ein Grund mehr das 23. Sauerländer Apfelfest im nächsten Jahr wieder zu besuchen.


Neue Streuobstwiese mit 74 hochstämmigen Obstbäumen

Der Verein der Landschaftspflege im Kreis Kleve e.V. (LiKK) hat sich den Schutz und die Neuanlage von Streuobstwiesen im Kreis Kleve auf die Fahnen geschrieben und ist hier beratend tätig. Die rund 30 Hektar Streuobstwiesen werden zusammen mit zwei regionalen Schäfern und einigen Vereinsmitgliedern aktiv bewirtschaftet. Neben der fachlichen Streuobstwiesenberatung veranstaltet der Verein auch zahlreiche Events und Seminare u.a. mit Qualifizierung in Sachen Obstbaumschnitt, Veredlung etc.

Im Rahmen einer Gemeinschaftsaktion in Straelen nahe der niederländischen Grenze wurde im November 2017 vom Verein (LiKK) eine neue Streuobstwiese mit 74 hochstämmigen Obstbäumen (vorwiegend mit alten Sorten) neu angelegt. Die bei der Pflanzung anwesenden Kursteilnehmer haben an den Bäumen gleich den fachgerechten Pflanzschnitt ausführen dürfen. So freuten sich dann auch die Vertreter Stadt Straelen ca. 1,5 Hektar Streuobstwiese, komplett und fachgerecht bearbeitet, mit Verbissschutz, Pflanzschnitt und dauerhaften Sortenschildern von der LiKK zurück zu erhalten.

Alle Beteiligten nahmen viele wertvolle Tipps und Eindrücke mit nach Hause. Die hier nun gepflanzten Obstsorten mit den klangvollen Namen, wie beispielsweise Kaiser Wilhelm, Eifeler Rambur, Gewürzluiken, Brettacher, Roter Boskoop (alles Apfelsorten) sowie Köstliche von Charneux, Frühe von Trevoux (alles Birnensorten) und Bühler Frühzwetsche (Zwetsche) und Königin Victoria (Pflaume) etc. werden wieder entdeckt und sicherlich geschmacklich regionales Interesse wecken.


Bildungsmaßnamen für nachhaltige Entwicklung

Im Rahmen der Bildungsmaßnamen für nachhaltige Entwicklung (BNE) lädt das Naturschutzzentrum in Bruchhausen ganzjährig Jugendliche und Erwachsene zu Veranstaltungen rund um die dortige mittlerweile ausgezeichnete Streuobstwiese ein. Mit rund 30 hochstämmigen Obstbäumen unterschiedlichster Sorten sowie einer Unternutzung durch Schafbeweidung bietet diese den stattfindenden Veranstaltungen einen passenden Rahmen.

So wurden beispielsweise im November und Dezember 2017 den Kursteilnehmern Obstbaumschnittkurse mit einem sehr ausführlichen Theorie- und Praxisteil für das Thema „Obstbaumpflege im weitesten Sinne“ angeboten. Zu den Kursthemen gehörten u.a. die Behandlung junger und mittelalter Obstbäume, die physiologischen Grundlagen von Schnitt und Erziehung sowie die Beachtung der Wachstumsgesetze für Kronenaufbau und spezifische Baum- und Erziehungsformen. Ausführlich angesprochen wurden ebenfalls die Bodenbeschaffenheit, Bodenpflege und die richtige Düngung, ein artgerechter Pflanzenschutz, Förderung der Baumgesundheit und Vitalität, eine fachmännische Wundbehandlung bzw. die Revitalisierung und Verjüngung von vernachlässigten, alten Obstbäumen und die Besonderheiten der Pflege des Altbestandes. Im Rahmen des globalen Insektensterbens bekam die Bedeutung von (Wild-) Bienen/Insekten für die Bestäubung und den Ernteertrag in diesem Seminar entsprechenden Freiraum.

Alle vermittelten Kursinhalte befähigen nun die Teilnehmer selbständig und zielgerichtet Obstbäume zu pflegen und zu schneiden. Das Wichtigste bei einer nachhaltigen und umfassenden Obstbaumpflege ist die Berücksichtigung aller theoretischen und praktischen Themenbereiche. Natürlich wurden den Seminarteilnehmern auch die Besonderheiten, wie z.B. geeignete Sortenwahl, Pflanzabstände und Bezugsquellen für den Anbau der verschiedenen Arten und Sorten von Apfel, Birne, Pflaume, Kirsche, Walnuss, Aprikose, Pfirsich und Beerenobst vermittelt.

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